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Nach einer durch die Corona-Pandemie bedingten Verzögerung ist es im September/Oktober 2022 möglich gewesen, ein Grabungsprojekt des Arbeitsbereiches in Kurdistan-Irak zu beginnen. Die Wahl fiel auf den Ort Tell Derabun in der Provinz Zakho ganz im Norden des Irak. Dabei handelt es sich um einen ca. 2,5ha großen Siedlungshügel am Unterlauf des östlichen Habur, eines Nebenflusses des Tigris. Mehrere Surveys an diesem Ort haben eine lange Siedlungsgeschichte vom 3. Jahrtausend v.Chr. bis in islamische Zeit nahegelegt. Diese Region an der nördlichen Peripherie Mesopotamiens ist archäologisch bislang noch weitgehend unerforscht. Durch unsere Untersuchungen hoffen wir, die archäologisch bereits relativ gut erforschten Nachbargebiete im Westen (syrische Jezirah) und Südosten (assyrisches Kernland) besser als bisher möglich verbinden und ihre Beziehungen besser verstehen zu können.
Abb.1
Im September konnte in Erbil, der Hauptstadt des kurdischen Autonomiegebietes im Irak, der Vertrag über die Erteilung der Grabungslizenz unterzeichnet werden. Vom 24. September bis zum 14. Oktober fand dann eine erste Kampagne auf dem Tell Derabun statt. Teilnehmer waren neben dem Projektleiter sieben Studierende der Vorderasiatischen Archäologie aus Mainz (Abb. *1), sowie von kurdischer Seite Muhammad al-Yusifi, Leiter der Antikenverwaltung von Zakho und Assad Abbas von der Antikenverwaltung in Erbil. Mit Hilfe von 15 einheimischen Arbeitern wurden insgesamt 5 Testschnitte am Südhang des Tells angelegt. Die Zusammenarbeit mit den kurdischen Kollegen vor Ort sowie die Unterbringung in einem in Zakho angemieteten Haus verliefen problemlos.
Die allermeisten der in diesen Schnitten freigelegten Schichten stammen aus osmanischer Zeit (17.–19. Jh.). Überwiegend konnten nur Gruben und Schuttschichten erfasst werden; in einem Schnitt sind aber auch Reste mehrerer Häuser aus dieser Zeit freigelegt worden. Im untersten Schnitt sind unter diesen Schichten aber auch mehrere Phasen einer Bebauung aus hellenistischer Zeit gefunden worden, teilweise mit massiven Steinfundamenten. In einer Grube fand sich eine vermutlich aus dem römischen Raum importierte Bronzestatuette, die einen nackten Helden vom Typ des Farnesischen Herakles darstellt (Abb.*2). Einzelfunde (Keramik und eine Fibel, Abb. *3) aus den hellenistischen Schichten datieren bereits in die neuassyrische Zeit (8./7. Jh. v.Chr.) und belegen nun auch durch Grabungen die Besiedlung in dieser Periode.
Abb. 2 und Abb. 3
Trotz der nur sehr kurzen zur Verfügung stehenden Zeit konnte das archäologische Potential des Fundortes klar bestätigt werden. 2023 sollen die Grabungen mit einer weiteren (längeren) Kampagne fortgesetzt werden. Die Arbeit soll sich dabei auf die hellenistischen und vorhellenistischen Schichten konzentrieren.
Abb. 1: Die Mainzer Mitglieder des Grabungsteams bei einem Ausflug am assyrischen Aquädukt von Jerwan (Foto: Emma Emine Sakal).
Abb. 2: Bronzefigur (DRB22-7038-M-001) aus Tell Derabun (Foto: Emma Emine Sakal).
Abb. 3: Bogenfibel des 8./7. Jh. (DRB22-7034-M-005) aus Tell Derabun (Foto: Emma Emine Sakal).